Theorie

Die bio-physikalische Therapie der Depression in der Praxis Dr. Tamme

Vielleicht haben Sie trotz grundsätzlicher Verträglichkeit der Medikation das Gefühl, daß die Depression noch immer allzu sehr über Ihr Leben bestimmt und daß Sie von der Behandlung mit Antidepressiva nicht ausreichend profitieren? Dann sind Sie nicht allein. Millionen von Menschen sind damit unzufrieden.

Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, zu überprüfen, ob nicht eine wirksame nicht-medikamentöse Therapie das Richtige für Sie wäre. Neuromodulation sorgt für neue Hoffnung für alle, die von Antidepressiva nicht ausreichend profitieren. Denn rTMS hat keine der typischen Nebenwirkungen von Antidepressiva. Mißempfindungen an der Kopfhaut und Unwohlsein können dabei auftreten.

Folgende Fragen können Ihnen bei der Frage helfen, ob Neuromodulation für Sie eine Therapie-Option darstellt:

  • Nehmen Sie Antidepressiva zur Behandlung Ihrer Depression ?
  • Sind Sie trotz Medikation noch immer depressiv ?
  • Leiden Sie unter Nebenwirkungen?
  • Haben Sie deshalb die Medikation bereits einmal umgestellt ?
  • Beeinträchtigen die Symptome der Depression Ihre Freizeitaktivitäten und die Beziehungen zu Familie und Freunden ?
  • Ist Ihre Fähigkeit, Ihren Lebensunterhalt zu verdienen, durch die Depression beeinträchtigt?

Wenn Sie mehr als zwei mal mit „ja“ geantwortet haben, sollten Sie Ihr Konzept überdenken und sich mit Ihrem Behandler beraten.

Definition: Neuromodulation mit rTMS ist eine bewährte medizinische Methode zur nichtmedikamentösen und noninvasiven Behandlung von Depressionen, die mit Antidepressiva nicht ausreichend gebessert werden konnten.

Prinzip: Bei rTMS (repetitiver transkranieller Neuromodulation) werden über eine behutsam an den Kopf angelegte Magnetspule hochgradig fokussierte Magnetimpulse zur Stimulation von Gehirnarealen eingesetzt, die für die Stimmungskontrolle verantwortlich sind und bei Depression eine Minderaktivität aufweisen. Zur Gewährleistung maximaler Zielgenauigkeit werden die modernsten Neuronavigationsgeräte eingesetzt. Art und Intensität der Impulse entsprechen ungefähr derjenigen, die im MRT Verwendung findet (max. 2 TESLA Feldstärke). Sie dringen , gesteuert durch ein hochentwickeltes Neuronavigationssystem, 2-3 cm tief in das Hirngewebe ein und aktivieren das Zielgebiet, indem sie sehr feine Ströme induzieren. Diese sind so fein, daß sie vom Patienten nicht gespürt werden können. Menschen, die unter Depressionen leiden, weisen in diesen Arealen eine Minderaktivität auf. Die Aktivierung der Nervenzellen (Neuronen) geht einher mit der Freisetzung von Botenstoffen (Neurotransmittern), die letztlich die Symptomlinderung bewirken. Im Gegensatz zur medikamentösen Stimulation werden bei rTMS die übrigen, nicht an der Stimmungsregulation beteiligten Strukturen nicht beeinträchtigt.

Wirkmechanismus

a) Ausgangssituation

Im Mittelpunkt steht die Überlegung, wie einzelne Gehirnregionen miteinander kommunizieren. Mit rTMS erreichen wir 3 Regionen, die an der Stimmungsregulation beteiligt sind: den präfrontalen Cortex (PFC), den anterioren cingulären Cortex (ACC) und das limbische System (bestehend aus Striatum, Hypothalamus und Amygdala). Über ein Netzwerk von Neuronen ist der PFC mit dem ACC verbunden. Der ACC seinerseits ist mit dem limbischen System über ein Neuronennetzwerk verbunden. Der PFC, verantwortlich für höhere kognitive Funktionen (Entscheidungsfindung, Organisation, Arbeitsgedächtnis) reguliert die anflutenden Informationen aus dem limbischen System, dem Sitz der Stimmungen, Gefühle und Emotionen. Bei einem korrekt arbeitenden neuronalen Netzwerk hilft der PFC, unangemessene Meldungen aus dem limbischen System zu erkennen und unter Kontrolle zu halten.

b) Was passiert in diesem System unter den Bedingungen einer Depression?

Depressionen sind das Ergebnis einer geschwächten Kommunikationen dieser 3 Regionen. Dann nämlich ist der PFC nicht mehr in der Lage, aus dem limbischen System aufsteigende Impulse zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Der PFC ist nicht mehr in der Lage, die Kommunikation mit dem limbischen System zu regeln mit der Konsequenz, daß das limbische System das Kommando übernimmt. Es entscheidet fortan darüber, wann wir wach und wann wir müde sind (den circadianen Rhythmus), über unsere emotionale Antwort auf Erlebtes, über die Bedürfnisbefriedigung in Bezug auf Hunger und Durst, über unsere Lernfähigkeit und das Langzeitgedächtnis, über unsere Motorik und automatisierte Prozesse.

c) Wie greift TMS in diese fehlerhafte neuronale Kommunikation ein?

rTMS gibt an die äußeren Schichten des PFC stimulierende magnetische Impulse ab. Das veranlaßt die Neurone, Impulse an benachbarte Regionen abzugeben. Diese anderen Neurone reichen die Signale weiter an den ACC und das limbische System. Dadurch wird der neuronale Regelkreis reaktiviert und durch wiederholte Stimulation während der nächsten Wochen wachsen neue Verbindungen, die stärker werden und dauerhaft bestehen bleiben (Neuroplastie). Dadurch erklärt sich der langanhaltende Effekt der rTMS-Neuromodulation.

So sieht das schematisch aus: Praktischer Ablauf einer rTMS-Therapie

Eine typische Behandlung umfaßt 20 Sitzungen und wird ambulant verabreicht innerhalb von 2 Wochen (bei 2 Sitzungen pro Tag) bis 4 Wochen (bei einer Sitzung pro Tag). Eine rTMS-Sitzung dauert ungefähr 30 min. Sie sitzen dabei entspannt und wach in einem Behandlungsstuhl. Weder Sedierung noch Anästhesie ist erforderlich. Bei der ersten Anwendung wird Ihre individuelle Behandlungsdosis und unter Verwendung des hochentwickelten Visor2-Neuronavigationsgerätes der optimale Stimulationsort festgelegt. Dazu bestimmt der Arzt die sogenannte Motorschwelle:

  1. Sie beschreibt den Ort, bei dessen magnetischer Stimulation es zu einer sichtbaren Bewegung Ihres rechten Daumens kommt.
  2. Sie beschreibt die erforderliche Energie, die erforderlich ist zur Erzeugung dieser Bewegung.

Der Test ist unverzichtbar, da die genaue Bestimmung des Stimulationsortes und der individuell erforderlichen Dosis zur Optimierung der Therapie beitragen.

Zuschauen bei der Bestimmung der Motorschwelle

Wenn die Behandlung gestartet wird, verabreicht das Gerät sehr schnell aufeinander folgende Impulse über einen Zeitraum von 30 Sekunden. Das fühlt sich an wie ein leichtes Klopfen, das zumeist als angenehm empfunden wird. Sollte das nicht der Fall sein, wird Ihre Rückmeldung an den Therapeuten dazu führen, daß eine Modifizierung der Einstellungen unangenehme Effekte beseitigt. Nach der Behandlung können Sie problemlos Ihren alltäglichen Tätigkeiten nachgehen einschließlich dem Führen von Kraftfahrzeugen.

Wirksamkeit

Wissenschaftliche Studien, durchgeführt an renommierten Universitätskliniken und ohne industrielle Beteiligung konnten zeigen: einer von zwei Patienten erfährt eine deutliche Symptomreduzierung, einer von drei Behandelten ist nach 6 Wochen symptomfrei. Weder Psychotherapie noch Pharmakotherapie vermögen solche Resultate aufzuweisen. Diese Ergebnisse führten in den USA zur Zulassung von rTMS zur Depressionsbehandlung, wenn eine Behandlung mit einem Antidepressivum nicht erfolgreich verlief. Weniger als 5% der Patienten Therapieabbrecher sprechen für die Patientenzufriedenheit.

Wie sieht es mit anderen Symptomen aus? Begleitsymptome bessern sich nachhaltig, wie z.B.

  • Angst
  • körperliche Veränderungen des Appetits und des Eßverhaltens
  • Schmerzen
  • Erschöpfung

Nebenwirkungen Die am häufigsten geäußerten Nebenwirkungen von rTMS sind:

  • Mißempfindung an der Kopfhaut
  • Unwohlsein
  • Kopfschmerzen

Alle genannten Symptome sind milde ausgeprägt, klingen ohne Eärztliches Einschreiten von allein ab und treten von Behandlung zu Behandlung weniger in Erscheinung.

Sicherheit

Im Rahmen von dokumentierten klinischen Untersuchungen und Studien wurden über 10000 Patienten hinsichtlich Nebenwirkungen untersucht und befragt. Dabei zeigte sich die gute Verträglichkeit und Sicherheit von rTMS: es kam zu keinem einzigen Krampfanfallsereignis und zu keinen systemischen Nebenwirkungen, Gedächtnis und Konzentrationsfähigkeit blieben unbeeinträchtigt. Die statistische Wahrscheinlichkeit für einen Krampfanfall liegt bei 1:30000 Anwendungen bzw. 1:1000 Patienten und wird noch weiter verbessert durch Einhaltung des erweiterten Sicherheitsprotokolls.

Vorteile einer Neuromodulations-Behandlung

  • Neuromodulation hat sich erwiesen als eine sichere und effektive Behandlungsform der Depression. Seit 2008 ist rTMS in den USA zur Therapie für Depressionen zugelassen, wenn die Behandlung mit Antidepressiva gescheitert ist. In Deutschland wird non-invasive Neuromodulation als Heilversuch durchgeführt.
  • Neuromodulation wirkt lokal, nicht systemisch und zeigt keine der Nebenwirkungen, die typischerweise bei Antidepressiva auftreten. Der häufigste Nebeneffekt der rTMS ist eine moderate auf den Behandlungsbereich lokalisierte Mißempfindung der Kopfhaut, die gut toleriert wird, ohne Therapie abklingt und von Anwendung zu Anwendung nachläßt. Das Risiko eines Krampfanfalls liegt bei unter 0,1% (insgesamt wurden weltweit nur maximal 12 dieser Ereignisse registriert) und wird durch Einhaltung der Gegenanzeigen und des Sicherheitsprotokolls (Wassermann 1996, Rossi 2006) noch weiter minimiert.
  • Neuromodulationspatienten sind wach, ansprechbar und unbeeinträchtigt, sodaß sie nach der Behandlungs-Sitzung ihren normalen alltäglichen Aktivitäten nachgehen können.

Fakten zur Neuromodulationstherapie

  • Neuromodulation ist indiziert bei der Behandlung erwachsener Patienten, die unter Depressionen leiden und zuvor mit Antidepressiva behandelt wurden ohne daß sich am Zustand Wesentliches änderte.
  • Die Wirksamkeit der Neuromodulation wurde in kontrollierten Studien nachgewiesen, indem man ein Kollektiv mit aktiver rTMS, die Kontrollgruppe mit einem inaktiven Gerät behandelte. Die mit rTMS behandelten Patienten zeigten neben einer Symptomreduktion eine verbesserte Lebensqualität und weniger Arbeitsfehltage.
  • Klinische Untersuchungen, durchgeführt an Universitätskliniken und ohne Beteiligung von Geräteherstellern, zeigen, daß einer von zwei behandelten Patienten eine signifikante Besserung erfährt und daß einer von drei Patienten nach 6-wöchiger Behandlung symptomfrei wird. Zum Vergleich: Für Antidepressiva liegen die Ansprechs-Erfolgsraten zwischen 30 und 42 % (für Symptomlinderung).
  • Um die Sicherheit der Patienten zu maximieren, haben wir die Kontraindikationenliste erweitert (s.u.)

Kontraindikationen Unter folgenden Umständen führen wir die rTMS-Therapie in der Regel nicht ambulant durch:

  • erhöhter Hirndruck (der die Krampfschwelle senkt) Epilepsie in der persönlichen oder familiären Vorgeschichte
  • Einnahme von psychotropen Substanzen (Koffein, Nikotin, Amphetamin)
  • Einnahme von Krampfschwelle-senkenden (LA, Cortison, Alkohol)
  • Schlafentzugsbedingungen
  • Auffälligkeiten im Gehirn-MRT in der Vorgeschichte
  • Metall im Kopf (außer im Mund), z.B. Innenohrimplantate, implantierte Neurostimulatoren, Aneurysma-Clips
  • Schlaganfall oder Kopf- und Hirnverletzungen in der Vorgeschichte
  • Neurochirurgische Eingriffe an Schädel oder Gehirn in der Vorgeschichte
  • schwere Kopfschmerzen
  • implantierte Herzschrittmacher und Defibrillatoren
  • Bedeutsame Herzerkrankungen oder Herzinfarkt in der Vorgeschichte
  • implantierte Medikamentenpumpen (externe Pumpen sind kein Problem)
  • Patienten mit Cochlea-Implantaten (Hörgeräte kein Problem)
  • Schwangere/Stillende (obgleich Kasuistiken ohne Probleme beschrieben sind)
  • Kinder und Heranwachsende

Bekannt und empfohlen aus

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