Angststörungen

Frau mit Ängsten, ©SB Arts Media – stock.adobe.com

Unser Ausgangspunkt

Angst ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen und verbunden mit schwerer Beeinträchtigung psychischen Wohlbefindens und der Lebensqualität [1], einhergehend mit körperlichen Symptomen (Herzrasen, Engegefühl, Atemnot) und typischen Verhaltensweisen (Vermeidungsverhalten in Bezug auf Orte und Situationen). Zu den Angststörungen zählen neben der generalisierten Angst auch die sozialen Ängste, spezifische Phobien (auch Agoraphobie) und Panik.

Neurobiologische Hintergründe

Die neurobiologischen Hintergründe sind noch nicht vollständig geklärt, wir wissen aber, dass bei allen Angststörungen strukturelle und funktionelle Veränderungen bestehen im Kommunikationssystem zwischen Hirnrinde und limbischem System, den lösungsorientierten und Entscheidungen treffenden Arealen und den Arealen, in denen unsere Gefühle und Emotionen beheimatet sind. Vereinfacht könnte man sagen: es gibt Störungen im Zusammenspiel von Verstand und Gefühl (dem sog. mesocorticolimbischen Kreislauf) [2].

Das Zusammenspiel von Verstand und Gefühl, von Hirnrinde und limbischem System, ist gestört.

Es sind eben nicht nur genetische, hormonelle, soziale und kognitive, sondern auch tiefgreifende biologische Veränderungen neuronaler und transmittervermittelter Funktionen (genannt: neuronale Plastizität) [3], die berücksichtigt werden müssen.  Diesen Aspekt therapeutisch zu adressieren mit biochemischen, elektrischen und elektromagnetischen Verfahren beschreibt das Vorgehen bei Neuromodulations-Therapien.

Schauen wir uns die neurobiologischen Veränderungen genauer an: es liegt stets eine Hyperaktivität, eine Übererregtheit, im limbischen System vor, speziell der Amygdala [4]. Interessanterweise verschwindet diese Übererregtheit bei erfolgreich verlaufender Psychotherapie und Psychopharmakotherapie und es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen dem Ausmaß an Übererregtheit und der Schwere der Angstsymptome [2, 5-7]. Veränderungen der Hirnrindenfunktion finden sich im rechten und linken DLPFC mit der zwangsläufigen Folge, dass negative Emotionen hervorgebracht werden.

  • Das limbische System ist hyperaktiv.
  • Der linke DLPFC ist hypoaktiv.
  • Der rechte DLPFC ist hyperaktiv.

Bisherige (konventionelle) Vorgehensweise in der Angst-Therapie

Gemäß zahlreicher internationaler Leitlinien kognitiv-behaviorale Therapie.
Pharmakotherapie mit Anxiolytika (z.B. Opipramol, Paroxetin, etc.).

Neuromodulatorische Rationale

Ziel ist die Beseitigung der einer Angststörung zugrunde liegenden dysfunktionalen Gehirnaktivitäten und die Wiederherstellung eines gesunden Zusammenspiels der beteiligten Hirnzentren.

Bei einer kombinierten (balancierten) Neuromodulation kommen folgende Verfahren zum Einsatz, die sich bei anderen psychiatrischen Erkrankungen (Depression, Zwänge, Depersonalisation), aber auch bei Suchterkrankungen (www.kokain-stop.de) und chronischen Schmerzen, vieltausendfach bewährt haben – weltweit und auch in unserer Spezialpraxis.

rTMS: verabreicht werden intensive kurze elektromagnetische Impulse seitlich am Kopf (kaum spürbar, berührungslos), Behandlungsdauer etwa 30 min, 10 Sitzungen. Wir verwenden die internationalen Stimulationsprotokolle.

Foto Dr. Peter Tamme, Behandlungsplatz rTMS

tDCS ist eine Neuromodulationstechnik, bei der ein sehr feiner elektrischer Gleichstrom über 2 Schwämmchen-Elektroden auf krankheitsrelevante Hirnareale einwirkt und, je nach eingesetztem Protokoll und Polarität der Elektroden, dämpfend oder aktivierend wirkt [8] Die Imbalance zwischen rechtem und linkem DLPFC kann behoben werden durch bicephalische Stimulationen. Allein dieses Vorgehen, also tDCS allein, ist geeignet, psychologische wie verhaltensbezogene Veränderungen nachhaltig zu etablieren. [9-13] Behandlungsdauer etwa 30 min, 10 Sitzungen.

tDCS-System, mit freundlicher Genehmigung von Soterix Medical

 

Entnommen aus: [12]

Schematische Darstellung der Dysfunktionalitäten im Gehirn bei Angstpatienten mit Hyperaktivierung des rechten und Hypoaktivierung des linken DLPFC mit der zwangsläufigen Folge, dass negative Emotionen hervorgebracht werden. Darunter ist zu sehen, in welcher Weise bei der gezielten tDCS die Elektroden angebracht werden: Kathode rechts, Anode links, linkes Bild: kathodale Stimulation im Bereich des rechten DLPFC, rechtes Bild: anodale Stimulation des linken DLPFC.

Abkürzungen: GAD (generalisierte Angst = Generalized Anxiety Disorder); DLPFC (Dorsolateraler praefrontaler Cortex), VLPFC (Ventrolateraler praefrontaler Cortex).

Ketamin-Infusionen wirken auf ein anderes Kommunikationssystem des Gehirns, das Transmitter-System. Im Gegensatz zu den elektrischen und elektromagnetischen Stimulationsverfahren, die auf das neuronale Netzwerk einwirken (vergleichbar einem Telefonnetz), optimieren wir mit Ketamin die Transmitter, die Biobotenstoffe des Gehirns, die mit einer Briefpost verglichen werden können. Es findet nicht nur eine Optimierung der Konzentrationen dieser Botenstoffe statt („Es werden nicht nur die richtigen Briefe mit den richtigen Inhalten versendet“), sondern es kommt zur Reparatur und Vermehrung der Transmitter-Rezeptoren („der Briefkästen, in die die Briefe eingeworfen werden können“). [8, 14-20]

Injectomaten, ©sudok1 – stock.adobe.com

Wie läuft so eine Therapie ab?

Sie werden aktiv.

Wir werden aktiv.

 

Digitales Onboarding

Einfach von zu Hause aus starten, Fragebogen auf der Webseite ausfüllen.

Wir werten den Fragebogen aus und melden uns bei Ihnen per Mail

Sie erhalten einen Terminvorschlag für ein kostenloses Beratungsgespräch, bestätigen diesen und schicken uns per Mailanhang Vorbefunde.

Telefonisches Beratungsgespräch mit Dr. Tamme

Erklärung der Methoden, Klärung von Fragen, Erläuterung der Abläufe, evtl. Fragen zu bisherigen Behandlungen, die sich aus Ihren Schilderungen und den Vorbefunden ergeben können.

Buchung

entweder am Ende des Telefonates oder zu einem beliebigen Zeitpunkt (per Mail)

Zusendung der Buchungsbestätigung

detailliert mit allen Behandlungszeiten, den Kostenvoranschlägen, einer Liste mit praxisnah gelegenen Ferienwohnungen und Hotels, Aushändigung einer medizinischen Notwendigkeitsbescheinigung (für eine eventuelle Vorlage in einem Lockdown)

Anreise am Vorabend, Bezug der Ferienwohnung

Einchecken an unserer Rezeption in der Praxis für Neuromodulation

Alles, was bisher geschah, ist für Sie nicht mit Kosten verbunden (Telefonberatung, klärende Mails und Rückfragen, Sichtung der Befunde, Erstellen des Therapieplanes, Ausstellen der Notwendigkeitsbescheinigung)

Aufnahmegespräch mit Dr. Tamme

Aufbauend auf den Inhalten der telefonischen Beratung erfolgt die Aufklärung über unsere Therapie, Dr. Tamme stellt Fragen zu den eingesandten und mitgebrachten Befunden (wenn erforderlich), Sie stellen Ihre medizinischen Fragen. Organisatorische Fragen (Behandlungszeiten, Bezahlung, etc.) besprechen Sie bitte mit unserer Praxismanagerin Frau Radtke oder Frau Bauer (Rezeption). Eventuell Ausstellen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Beginn der Therapie

  • Erste Neuromodulations-Sitzung, Testung des vegetativen Nervensystems (VNS-Analyse), große Psychometrie (SCL90), „kleiner“ psychometrischer Test, bei Zwangserkrankungen OCI-R.
  • Pause von einigen Stunden (Zeitvertreib in Ferienwohnung, Stadt, Spaziergang)
  • Zweite Neuromodulationstherapie-Sitzung

Laufende Therapie

Je nach Therapie kommen Sie 10 Tage täglich 2 mal (rTMS, rTMS/Ketamin, rTMS/Ketamin/tDCS, Brainswitch) oder 6 Tage täglich 1 mal (Ketaminbehandlung, Ketamin/tDCS) in unsere Praxis zur Behandlung.

Vorletzter Behandlungstag

Ein weiterer „kleiner“ psychometrischer Test (PHQ10)

Letzter Behandlungstag

Nach der letzten Behandlungssitzung (manchmal auch vorher) findet das Abschlussgespräch statt. Die Auswertungen der Tests werden besprochen, die Prognose, Fragen, Anregungen für ergänzende Maßnahmen. Sie erhalten den schriftlichen Abschlussbericht mit Testauswertungen in 3-facher Ausfertigung. Andere Ärzte werden von uns nicht angeschrieben. Die Verteilung der Briefe bleibt Ihnen vorbehalten.

Zusendung der Rechnung

Nach Ihrer Abreise erstellt unser Bankhaus Mediserv eine Rechnung zur Überweisung. Dort erhalten Sie auf Wunsch auch gern eine zinsfreie 6-monatige Ratenzahlung.

Unsere Wünsche an Sie:

Bitte kommen Sie pünktlich, gut hydriert und ohne Hunger zur Therapie. Tragen Sie lockere Kleidung. Auch zu früh kommen ist unpünktlich, schafft Unruhe und stört das medizinische Personal bei den Vorbereitungen. Wenn Sie zu spät kommen, können wir möglicherweise Ihre Therapiesitzung nicht durchführen, weil nachfolgende Patienten mit verbindlichem Termin dann warten müssten.

Bitte schließen Sie Ihre Kleidung und Wertsachen in der Schleuse vor den Behandlungsräumen ein und nehmen sie nicht mit in den Behandlungsraum.

Essen und Trinken ist in den Behandlungsräumen nicht gestattet.

Bitte nehmen Sie keine elektronischen Geräte (Smartphones, iPads etc.) mit in den Behandlungsraum und lassen sie ausgeschaltet. Telefonieren und Musikhören während der Therapiesitzungen ist nicht gestattet.

Bitte versuchen Sie, im Behandlungsraum zu schweigen und sich leise zu verhalten (Neuromodulation funktioniert besser, wenn das Gehirn möglichst wenig Außenreize hat). Nehmen Sie es uns bitte nicht übel, wenn wir Sie daran erinnern.

Nach den 10 Behandlungstagen, nach dem Abschlussgespräch, endet unser Engagement. Die Weiterbehandlung erfolgt (vergleichbar einer Entlassung aus der Klinik) bei Ihrem Arzt am Wohnort (Hausarzt, Psychiater). Selbstverständlich freuen wir uns über Mails und Rückmeldungen nach Beendigung der Therapie. Bitte erwarten Sie aber nicht, dass wir die Kommunikation über unseren Zielauftrag hinweg fortsetzen.

Was Sie bedenken sollten:

Neuromodulation ist sehr aufwendig, für Sie und für uns. Immerhin gilt es, 24 Behandlungs- und drei Testtermine in 10 Tagen zu bewältigen. Ihr Gehirn benötigt dafür sehr viel Energie, vor allem aber eine ruhige Atmosphäre.

Zusätzliche therapeutische Gespräche sind daher nicht vorgesehen. Das hat in aller Regel vielfach im Vorfeld anderenorts bereits stattgefunden. Neuromodulation ist ein Zielauftrag und kein Mit- und Weiterbehandlungsauftrag. Daher finden bei uns auch keine Medikamentenein- und -umstellungen statt.

Wenn Sie Kontakt zu uns aufnehmen möchten, bitten wir Sie, das per Mail zu machen. Telefon stört den reibungslosen Praxisablauf, weshalb wir ein Callcenter vorgeschaltet haben, das alle Wünsche entgegennimmt und an uns weiterleitet. Dennoch ist die Mail-Kontaktaufnahme schneller und verbindlicher.

Literatur:

  1. Global, regional, and national incidence, prevalence, and years lived with disability for 354 diseases and injuries for 195 countries and territories, 1990-2017: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. Lancet, 2018. 392(10159): p. 1789-1858.
  2. Duval, E.R., A. Javanbakht, and I. Liberzon, Neural circuits in anxiety and stress disorders: a focused review. Ther Clin Risk Manag, 2015. 11: p. 115-26.
  3. Vergallito, A., et al., Effectiveness of noninvasive brain stimulation in the treatment of anxiety disorders: a meta-analysis of sham or behaviour-controlled studies. J Psychiatry Neurosci, 2021. 46(6): p. E592-e614.
  4. Taylor, J.M. and P.J. Whalen, Neuroimaging and Anxiety: the Neural Substrates of Pathological and Non-pathological Anxiety. Curr Psychiatry Rep, 2015. 17(6): p. 49.
  5. Lipka, J., W.H. Miltner, and T. Straube, Vigilance for threat interacts with amygdala responses to subliminal threat cues in specific phobia. Biological Psychiatry, 2011. 70(5): p. 472-478.
  6. Månsson, K.N., et al., Altered neural correlates of affective processing after internet-delivered cognitive behavior therapy for social anxiety disorder. Psychiatry Research: Neuroimaging, 2013. 214(3): p. 229-237.
  7. Phan, K.L., et al., Corticolimbic brain reactivity to social signals of threat before and after sertraline treatment in generalized social phobia. Biological psychiatry, 2013. 73(4): p. 329-336.
  8. McIntyre, R.S., et al., The effectiveness of ketamine on anxiety, irritability, and agitation: implications for treating mixed features in adults with major depressive or bipolar disorder. Bipolar disorders, 2020. 22(8): p. 831-840.
  9. Shiozawa, P., et al., Transcranial direct current stimulation for generalized anxiety disorder: a case study. Biological psychiatry, 2014. 75(11): p. e17-e18.
  10. Amiri, M.H., et al., Effect of transcranial direct current stimulation on pain anxiety during burn wound care. Burns, 2016. 42(4): p. 872-876.
  11. Sadeghi Movahed, F., et al., Effectiveness of transcranial direct current stimulation on worry, anxiety, and depression in generalized anxiety disorder: a randomized, single-blind pharmacotherapy and sham-controlled clinical trial. Iranian Journal of Psychiatry and Behavioral Sciences, 2018. 12(2).
  12. Stein, D.J., et al., Transcranial direct current stimulation in patients with anxiety: current perspectives. Neuropsychiatric Disease and Treatment, 2020. 16: p. 161.
  13. Vicario, C.M., et al., Transcranial direct current stimulation (tDCS) in anxiety disorders, in Non invasive brain stimulation in psychiatry and clinical neurosciences. 2020, Springer. p. 301-317.
  14. Glue, P., et al., Ketamine’s dose-related effects on anxiety symptoms in patients with treatment refractory anxiety disorders. J Psychopharmacol, 2017. 31(10): p. 1302-1305.
  15. Kolp, E., et al., Ketamine-enhanced psychotherapy: preliminary clinical observations on its effects in treating death anxiety. International Journal of Transpersonal Studies, 2007. 26(1): p. 1-17.
  16. Irwin, S.A. and A. Iglewicz, Oral ketamine for the rapid treatment of depression and anxiety in patients receiving hospice care. Journal of palliative medicine, 2010. 13(7): p. 903-908.
  17. Ballard, E.D., et al., Improvement in suicidal ideation after ketamine infusion: relationship to reductions in depression and anxiety. Journal of psychiatric research, 2014. 58: p. 161-166.
  18. Glue, P., et al., Effects of ketamine in patients with treatment-refractory generalized anxiety and social anxiety disorders: exploratory double-blind psychoactive-controlled replication study. Journal of Psychopharmacology, 2020. 34(3): p. 267-272.
  19. Glue, P., et al., Safety and efficacy of maintenance ketamine treatment in patients with treatment-refractory generalised anxiety and social anxiety disorders. Journal of Psychopharmacology, 2018. 32(6): p. 663-667.
  20. Taylor, J.H., et al., Ketamine for social anxiety disorder: a randomized, placebo-controlled crossover trial. Neuropsychopharmacology, 2018. 43(2): p. 325-333.

 

Bekannt und empfohlen aus

  • Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Ausgezeichnet.org zu laden. Mit dem Klick auf den Button akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Ausgezeichnet.org.
    Mehr erfahren

    Inhalt laden

    Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Docinsider zu laden. Mit dem Klick auf den Button akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Docinsider.
    Mehr erfahren

    Inhalt laden

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von ProvenExpert zu laden. Mit dem Klick auf den Button akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von ProvenExpert.
Mehr erfahren

Inhalt laden